>Quelle<
Vom 19. Dezember 1944 datiert ein Brief Dietrich Bonhoeffers aus dem
Gefängnis, dessen Beigabe ein Gedicht war, das heute als Kirchenliedtext
berühmt ist:
Von guten Mächten treu und still umgeben.
Das
Gedicht war ein Gruß Bonhoeffers an seine Mutter zu ihrem 70.
Geburtstag und an seine Verlobte Maria von Wedemeyer, seinen Vater und
seine Geschwister. An diesem Weihnachtsfest 1944 dachten die damit
Gegrüßten an die zwei inhaftierten Söhne Klaus und Dietrich, an die zwei
inhaftierten Schwiegersöhne Hans von Dohnanyi und Rüdiger Schleicher,
an die Tochter Sabine, Dietrichs Zwillingsschwester, die wegen ihres
jüdischen Mannes Gerhard Leibholz ins Ausland gegangen war und nun wegen
der nationalsozialistischen Diktatur gleichfalls nicht anwesend sein
konnte, sowie an den gefallenen Sohn Walter.
Dietrich
Bonhoeffer wurde am 4. Februar 1906 in Breslau als das sechste von acht
Kindern geboren. Sein Vater war Karl Bonhoeffer, einer der führenden
Psychiater und Neurologen seiner Zeit. Seine Mutter Paula Bonhoeffer,
geborene von Hase, war Lehrerin aus einer Familie evangelischer
Theologen und Künstler.
1911 zog die Familie nach Berlin
um, weil der Vater einen Ruf auf einen für ihn eingerichteten Lehrstuhl
an der Universität Berlin erhalten hatte. Ab 1923 studierte Dietrich
Bonhoeffer in Tübingen evangelische Theologie. Nach beruflichen Jahren
in Barcelona und NewYork kehrte er nach Berlin zurück, zunächst als
Assistent an die Universität, schließlich wird er 1931 in der St.
Matthäikirche (am heutigen Kulturforum Berlin) zum Pfarrer ordiniert.
1933
ging er als Pfarrer nach London, von wo er 1935 bewusst in das
nationalsozialistische Deutschland zurückkehrte. Früh engagierte er sich
im Bemühen weltweit die Kirchen zum Widerstand gegen die erkennbaren
Kriegsvorbereitungen zusammenzuführen. 1938 fand er weitergehende
Kontakte zum Widerstand gegen Hitler. Am 22. August 1940 erhielt
Bonhoeffer „wegen seiner volkszersetzenden Tätigkeit“ Redeverbot „für
das gesamte Reichsgebiet“. Ein Verbot schriftstellerischer Tätigkeit
folgte im März 1941.
Am 5. April 1943 wurde er wegen
„Wehrkraftzersetzung“ verhaftet und im Untersuchungsgefängnis der
Wehrmacht in Tegel gefangen gehalten. Nach dem 20. Juli 1944 wurde er
intensiven Verhören durch die Gestapo unterzogen, sie konnte Bonhoeffer
und anderen Mitverschwörern jedoch keine Beteiligung daran nachweisen.
Am 8. Oktober geriet Bonhoeffer erneut in die Hände der Gestapo und kam
nun in den Gestapo-Keller Prinz-Albrecht-Straße.
Das Todesurteil
Am
5. April 1945 ordnete Adolf Hitler die Hinrichtung aller noch nicht
exekutierten „Verschwörer“ des 20. Juli 1944 an und damit auch die
Dietrich Bonhoeffers. Ein SS-Gericht, verurteilte daraufhin neben
Dietrich Bonhoeffer auch Walther-Wilhelm Canaris, Hans Oster, Karl Sack,
Theodor Strünck und Ludwig Gehre am 8. April 1945 zum Tode durch den
Strang. Der Prozess war ein reiner Scheinprozess.
Zur
Erniedrigung der Angeklagten und Belustigung des SS-Personals mussten
sich alle zur Hinrichtung Bestimmten zuvor völlig entkleiden und nackt
zum Galgen gehen. Der Lagerarzt beobachtete die Szene und berichtete
später, Bonhoeffer habe völlig ruhig und gesammelt gewirkt, sich von
allen Mithäftlingen verabschiedet und ein kurzes Gebet gesprochen.
Dietrich Bonhoeffer wurde in der Morgendämmerung des 9. April 1945 erhängt.
Von guten Mächten treu und still umgeben,
behütet und getröstet wunderbar, –
so will ich diese Tage mit euch leben
und mit euch gehen in ein neues Jahr;
noch will das alte unsre Herzen quälen,
noch drückt uns böser Tage schwere Last.
Ach Herr, gib unsern aufgeschreckten Seelen
das Heil, für das Du uns geschaffen hast.
Und reichst Du uns den schweren Kelch, den bittern,
des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand,
so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern
aus Deiner guten und geliebten Hand.
Doch willst Du uns noch einmal Freude schenken
an dieser Welt und ihrer Sonne Glanz,
dann woll'n wir des Vergangenen gedenken,
und dann gehört Dir unser Leben ganz.
Laß warm und hell die Kerzen heute flammen
die Du in unsre Dunkelheit gebracht,
führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen!
wir wissen es, Dein Licht scheint in der Nacht.
Wenn sich die Stille nun tief um uns breitet,
so laß uns hören jenen vollen Klang
der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet,
all Deiner Kinder hohen Lobgesang.
Von guten Mächten wunderbar geborgen
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiß an jedem neuen Tag.
Dietrich Bonhoeffer
Von guten Mächten wunderbar geborgen (YouTube)
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